Wer einen Garten hegt und pflegt, weiß, dass es keinen Herbst ohne Schubkarre gibt. In den Oktober- und Novemberwochen ist es an der Zeit, aufzuräumen und das Laub des fast vergangenen Jahres zusammenzukehren. Sträucher sind zurückzuschneiden, Dahlienknollen auszubuddeln und die Rosenstämmchen winterfest zu verpacken. Noch schnell die letzten Zucchini vor dem Frost ernten und die Beete zu mulchen und, und, und... Ich habe mich auch an die Arbeit gemacht und meine schwarze Johannisbeere in Form gebracht.
Mit dem Fuchsschwanz aus der Werkstatt
Wie Sie oben sehen, hätte ich mich da wohl schon eher an die Arbeit machen müssen: Die gesamte Schubkarrenladung stammt von diesem einen Strauch. Ich musste sogar den Fuchsschwanz aus der Werkstatt holen, um ein paar besonders kräftige Ruten abzusägen. Übrigens möglichst bodennah, denn schwarze Johannisbeeren neigen zum Verholzen. Das hatte ich – bevor ich zur Tat schritt – noch einmal eigens nachgelesen und dann auch sehr handfest erfahren. Offensichtlich waren meine letzten Rückschnitte etwas zu zaghaft ausgefallen.
Über die rechte Ordnung lässt sich streiten
Im Außen aufzuräumen, kann auch im Inneren für Ordnung sorgen und einem Menschen Stabilität verleihen. Wer das rechte Maß an innerer Ordnung für sich gefunden hat, hinterlässt einen aufgeräumten Eindruck. Diese Menschen wirken auf andere ausgeglichen, gelöst und zufrieden. Momente, in denen wir uns aufgeräumt fühlen, fühlen sich leicht an, weil das, was uns im Leben umtreibt, gerade still ist bzw. von uns nicht unnötig aufgeblasen wird. Welches Maß von Ordnung dabei als angenehm empfunden wird, ist von Typ zu Typ unterschiedlich. Deshalb arbeitet sich so manches Paar an diesem Thema ab. Denn was für sie gemütlich ist, kann für ihn schon chaotisch sein. Hier braucht es von beiden Seiten Verständnis und im besten Fall ein ähnliches Ordnungsempfinden vor allem bei den Paaren, die zusammenleben und Kinder haben bzw. sich Kinder wünschen.
Sammelplätze für alles auf dem Weg nach oben
Manchmal scheuen wir davor zurück, regelmäßig klar Schiff zu machen und die Dinge wieder an ihren Platz zu rücken. Vielleicht kennen Sie das von sich oder Ihrer Familie: Sie holen ein Spiel aus dem Schrank und legen es nicht mehr zurück. Sie holen sich eine Tüte Chips aus der Speisekammer und lassen sie leer gefuttert im Wohnzimmer liegen. Die Schubkarre ist nie da, wo man sie sucht, weil sie stets von jemandem im Garten vergessen wird – und dann noch vollgepackt mit Strauchschnitt. - Auch Treppen sind häusliche Sammelplätze für alles, was den Weg in die erste Etage nicht mehr findet. Wer also Autoschlüssel, Einkaufszettel, die neue Jeans oder sein Portemonnaie sucht, sollte erst einmal die Treppe ins Visier nehmen.
Pullover im Dornröschenschlaf
Etwas haben zu wollen, ist offensichtlich attraktiver als etwas wieder herzugeben. Da spielt es keine Rolle, dass uns oft entfällt, was wir alles haben und damit unser eigen nennen. Ein schönes Beispiel dafür sind im Schrank die vergessenen Pullover, die ganz unten oder in der zweiten Reihe im Dornröschenschlaf liegen. Ordnung im Innen wie Außen halten zu können, setzt also voraus, Dinge, Umstände, Gewohnheiten, aber auch Menschen loslassen zu können. Wer alles und jeden halten möchte, kommt irgendwann nicht mehr vom Fleck bzw. sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr.
Struktur und Fülle: Gartenarbeit kann heilsam sein
Und genau hier kann Gartenarbeit in frischer Novemberluft heilsam sein. Denn der Herbst läutet die Winterruhe ein. Das letzte Laub fällt, die letzten Blumen verblühen, ich schaffe Ordnung. Überlebtes kommt auf den Kompost und wandelt sich in gute Erde. Der Strauchschnitt wird gehäckselt und zum Verrotten unter die Büsche verteilt. Die Fülle des Sommers ist vorbei und macht den Blick frei auf die Strukturen. Die filigranen Kronen kahler Bäume sind oft schön anzusehen, ebenso die Beschaffenheit ihrer Rinde. Struktur und Fülle gehören zusammen.
Was ist Ihnen wirklich wichtig?
Räumen wir unseren Garten auf, schaffen wir auch innerlich Platz. Die Seele ordnet sich und öffnet den Blick für das Wesentliche im Leben. Was ist Ihnen wirklich wichtig? Der November ist ein guter Monat, sich innerlich etwas zu sortieren, noch einmal auf die vergangenen Monate zurückzublicken oder eine im Sommer liegengebliebene Arbeit zu beenden, zum Beispiel die Werkstatt aufzuräumen oder das übers Jahr fast vergessene Puzzle zu vollenden.
Im November den Sommer schmecken
Wer den November fürchtet, mag sich vielleicht damit trösten, dass das kommende Frühjahr schon in den noch fest verschlossenen Knospen schlummert. Und auch der vergangene Sommer klingt noch nach. Ich habe sein Licht und seine Wärme in meiner Marmelade eingefangen. Denn meine schwarze Johannisbeere schenkte mir eine reiche Ernte. Über Wochen hinweg füllten etliche Gläser mein Regal, beschriftet mit schwaJo I (erste Pflückung) bis schwaJo V (fünfte Pflückung). Es gab lange Sommertage, da drehte sich alles um die Schwarze Johannisbeere. Jetzt versüßt sie mir und meiner Familie die kalten Monate.