Vielleicht wundern Sie sich, was für ein seltsamer Titel das für einen Blog ist, in dem ich meine Erfahrungen aus meiner Arbeit als Beraterin und Therapeutin weitergeben möchte. Vielleicht möchte ich Paare ermuntern, einander lieber zweimal zu heiraten, weil doppelt eben besser hält? Nein, da nehme ich Sie auf den Arm. Ich biete Ihnen hier auch keine Schnittmuster für ein kontrolliert-erfülltes Leben frei nach dem Motto: doppelt (genäht) hält besser. Nein, darum soll es hier auch nicht gehen. Ich möchte Ihnen Mut machen, Ihren eigenen Pfad zu finden, Entscheidungen sozusagen mit Herz und Verstand zu treffen. Denn doppelt hält eben besser!
Für mich stellt sich das Leben als eine Abfolge von Entscheidungen dar: Entscheidungen, die ich treffe und getroffen habe und Entscheidungen, die andere für mich getroffen haben und immer noch treffen. Oft erscheinen Entscheidungen banal; zugleich sind sie aber sehr subtil: Am Morgen entscheide ich aufzustehen; am Abend entscheide ich, mich schlafen zu legen. Etliche Menschen entscheiden sich dafür, auf Dauer nachts wach zu liegen oder eben nur schwer einschlafen zu können, weil sie sich dagegen entscheiden, ihre Probleme am Tage zu betrachten. Tiefe Ängste und Zweifel lassen uns übereilte Entscheidungen treffen oder wir entscheiden uns fürs Vermeiden und fällen eben keine Entscheidung, in die Tat zu kommen. Denken Sie einmal darüber nach, wie oft sie am Tag über ihre Art zu leben entscheiden. Sicher, viele Faktoren begrenzen unsere Entscheidungsmöglichkeiten. Sicher ist aber auch, dass wir unseren Spielraum, Entscheidungen zu treffen, unterschätzen.
Entscheiden mit Herz und Verstand
Eine Entscheidung mit Herz und Verstand zu treffen bedeutet für mich, meine Beweggründe für oder gegen etwas tiefer zu beleuchten. Das Bild oben auf dieser Seite mag dies verdeutlichen. Ich kann über das Wasser hinwegschauen. Oder ich blicke durch die Oberfläche hindurch auf den Grund. Sicher, ich sehe den Grund verschwommen. Aber der tiefere Blick auf die eigenen Beweggründe lässt eine Entscheidung deutlich präziser treffen als das oberflächliche Vorbeigleiten an dem, was ist. Deshalb meine ich mit Herz das Vermögen, meine Gefühle und Körperempfindungen zu einer Thematik wahrzunehmen. Ich nutze sie quasi als Sensoren, um die möglichen Auswirkungen einer Entscheidung auf meine Person erfassen zu können. Mit Verstand meine ich das Vermögen, eine Situation nüchtern zu betrachten und einschätzen zu können.
Im Doppelpack habe ich auf diese Weise ein hilfreiches Werkzeug, Entscheidungen zu treffen, die ich auch bereit bin durch zu tragen. Was ich dazu brauche, ist etwas Zeit zum Verweilen und eine Portion Mut und Unvoreingenommenheit mir selbst gegenüber. Wesentliche Entscheidungen wie zum Beispiel ein Arbeitsplatzwechsel, eine Trennung oder auch das Eingehen einer Beziehung, aber auch der Umgang mit einer chronischen Erkrankung sind eingebunden in Prozesse. Das heißt, in Abfolgen kleinerer Entscheidungen, die wiederum in die eigentliche Entscheidung münden. Menschen, die ihre Gefühle spüren und über ein sicheres Körperempfinden verfügen, können innerhalb dieses Prozesses einzelne Entscheidungsschritte immer mal wieder nachprüfen und evtl. neu abstimmen. Dieses Vorgehen ist nicht selbstbezogen, sondern erleichtert meine Beziehungen: Wenn ich mit mir selbst recht gut im Reinen bin, spanne ich meine Lieben nicht über die Maßen für meine Befindlichkeiten ein. Und das wiederum fühlt sich für alle entspannter an.
Und nun ein paar Zeilen über mich
Als ich etwa fünf Jahre alt war, klingelte es bei uns an der Tür. Ich öffnete und schaute hoch zum Bauern von nebenan, einem untersetzten, mittelalten Mann mit Schirmmütze und in Arbeitskluft. Er sah ärgerlich aus. Dann ging alles sehr schnell: Mein Vater tauchte hinter mir auf, es gab einen knappen, heftigen Wortwechsel, eine kurze Rangelei über meinen Kopf hinweg und dann schlug mein Vater zu. Direkt ins Gesicht des Nachbarn. Der Mann taumelte zurück; seine Mütze fiel zu Boden und kollerte an mir vorbei in unseren Flur hinein. Erstaunt schaute ich ihr nach. Ich hatte Angst, und zugleich tat mir unser Nachbar Leid. Und so drehte ich mich aus einem spontanen Impuls heraus um, hob die Mütze auf und gab sie dem Mann zurück. Dabei sah ich ihm direkt in die Augen. Wortlos ergriff er sie mit einem Ruck und war dann weg. – Diese Szene ist mir haften geblieben. Es war mir unheimlich, wie Menschen von der einen auf die andere Sekunde in die Wut fallen können. Menschen, so fand ich, waren seltsam.
Die Kraft der Freundlichkeit
Später las ich viele psychologische Bücher, interessierte mich für Biographien, für die Lebenswege von Menschen. Oft war es mir ein Rätsel, wieso Menschen sehenden Auges Entscheidungen treffen, die offenkundig zu ihrem eigenen Schaden sind. Die Tatsache, dass Menschen einander enorm viel Schmerz zufügen können, befasste mich ebenso sehr wie auch die Tatsache, dass Menschen einander ebenso sehr beistehen können und dass Freundlichkeit die Kraft besitzt, das Leben zum Guten zu wenden. Die Freundlichkeit anderer kann sogar helfen, mir selbst ein guter Freund zu werden – das ist ein wertvoller Schatz.
Als Jugendliche wollte ich eine Zeit lang Psychologie studieren. Ich ging in unsere Stadtbibliothek und fand psychologische Bücher mit vielen Tabellen, Experimenten und Statistiken – sie langweilten mich. Ich fragte mich, was all diese Zahlen mit dem Wesen von Menschen zu tun haben. Auch spirituelle Menschen interessierten mich. Manchmal besuchte ich die Messe – die vielen Worte ermüdeten mich. Dabei liebte ich meine Heimatkirche und die Wiese mit den alten Grabsteinen rund um sie herum. Als Kinder hatten wir dort öfters verstecken gespielt. Ich fragte mich, wo zwischen all diesen Ermahnungen, Vorschriften und Geboten wohl Gott zu finden sei. Ich war sehr skeptisch, suchte nach Anschluss, wollte mich aber auch in kein Schema pressen lassen.
So blieb ich zögerlich und entschied mich für einen Schlenker: Nach meinem Abitur volontierte ich bei einer Tageszeitung und arbeitete einige Jahre als Redakteurin. Die Arbeit machte mir Spaß, aber in mir blieb der Wunsch, mehr zu lernen und doch noch einmal zu studieren. Außerdem wollte ich Kinder. Die Familienzeit zog sich in ihrer intensiven Form über viele Jahre. Ich sah meine Söhne aufwachsen und war voll und ganz gefordert. Ich sammelte Erfahrungen, die ganz praktischer Art waren und zugleich in die Tiefe gingen. Keine Daten, Statistiken und Schemata, sondern echtes Leben. Das gefiel mir. Ich fing ein Fernstudium an, schloss dann einen Masterstudiengang in Beratung an, und auch mein Glaube begann, sich freier zu entfalten. Ich machte Beratung und Therapie zu meinem Beruf. Das war eine gute Entscheidung.
Das erwartet Sie in meinem Blog
Dieser Blog möchte kein Ratgeber sein. Sicher werden Sie den einen oder anderen Hinweis finden, wie Sie zufriedener mit sich selbst und/oder in einer Partnerschaft leben können. Prüfen Sie aber bitte stets, ob das Geschriebene zu Ihnen passt. Es ist Ihr Leben. Lassen Sie es sich von niemandem aus der Hand nehmen. In diesem Sinne kann Ihnen mein Blog Inspiration sein, Ihr eigenes Leben und/oder Ihre Partnerschaft auch einmal aus einem ganz anderen Blickwinkel zu betrachten. Wir Menschen sind vielschichtige Wesen; und manchmal braucht es Geduld, ein gutes Wort und eine gute Portion detektivischen Spürsinns, einer Person nahe zu kommen und nicht an ihrer Fassade hängen zu bleiben. Das gilt für Ihren Blick auf sich selbst ebenso wie für Ihren Blick auf Ihr Gegenüber. Wir sind stets mehr als wir zu sein scheinen. Auch hier lohnt ein zweiter, tieferer Blick – denn doppelt hält besser.
Zu meiner Schreibweise: Wenn ich von Klienten schreibe, spreche ich mit diesem Wort gleichermaßen Frauen, Männer und Menschen diverser sexueller Orientierungen an -also kurzum jeden Menschen, der gerade in meinen Texten herumstöbert.
Beachten Sie bitte, dass mein Blog weder ärztliche noch therapeutische Hilfe ersetzen kann. Ich stelle hier keine Ferndiagnosen und beantworte keine Fragen zu persönlichen Befindlichkeiten und seelischen Störungen. Im Einzelfall kontaktieren Sie mich bitte über meine Website oder nehmen anderweitig fachliche Hilfe in Anspruch.
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